Mittwoch, 30. Juni 2010

Gebäckwahn

Der östlichen Sprachtönung folgend könnte man annehmen, dass in Thüringen oder Sachsen mit dem o.g. Wort ein Zugabschnitt bezeichnet würde, der Kisten, Koffern und Taschen vorbehalten ist. Es sei jedem unbenommen, das auch weiterhin so zu sehen, ich hingegen meine damit an dieser Stelle jedoch die Erfurter Obsession mit Teigprodukten in der Bahnhofsumgebung.

Das geht schon im Bahnhof los, da findet sich



neben



neben



neben



Wobei es natürlich in größeren Bahnhöfen nichts Ungewöhnliches ist, derartige Konzentration von Nahrungsketten vorzufinden.

Aber dabei bleibt es ja nicht, jedenfalls nicht in Erfurt, schon der erste Blick aus dem Seiteneingang des Bahnhofs offenbart einem dies hier:



Paar Meter weiter rechts rum führt sich die so gewonnene Verheißung auf den Bahnhofsvorplatz fort:



und fort ...



Wenn jetzt wer meint, das sei geschummelt, denn nur weil diese Leute ihren Kram in sogenannte Baguettes gehüllt verkaufen, ist Subway doch kein Bäcker, dann könnte man ja auch McDonald's oder Gyros-Pita oder Döner-im-Fladenviertel... OK, seh ich ein, Subway gilt also nicht, lass ich nächstes Mal weg.

Dafür gilt wieder er hier dann doch:



Der hegt übrigens nicht nur etwas eigenwillige Vorstellungen über die Beugung des Verbums »backen«, sondern macht sich ein paar Meter weiter mit einer Filiale in einem Nahkauf-Supermarkt selbst Konkurrenz.



Hier allerdings findet, wer die berühmten landestypischen Wurstwaren bisher allzu schmerzlich vermisst hat, dann endlich wenigstens halbwegs als regionale Spezialitäten zu bezeichnende Angebote.



Doch weiter im Text ...



und weiter ...



und weiter ...



Wohlgemerkt, wir sprechen hier von einer Wegstrecke von grad mal 50-60 Metern! So ähnlich muss Asterix sich gefühlt haben, als er jenes Dorf im Avernerland zum ersten Mal betreten hat, wo sie alle Weine und Kohlen verkaufen.



Doch nein, zur Erholung fürs Auge, und womöglich auch, um Gästen aus Würzburg (*), so sie sich mal hierher verirren sollten, gleich etwas Vertrautes zu bieten, gibt es natürlich auch in Erfurt inmitten dieser Kolonie von Brötchengebern die schon anderwärts auffällig gewordenen Anhänger des Optikergewerbes.



Ja, doch, tatsächlich, Optiker!



Aber ich hör ja schon auf.

Denn auch wenn man sich fragt, wie um Himmels Willen die denn auf den paar Metern auch noch Platz finden, gibt es schließlich in Erfurt noch mehr Dinge in Bahnhofsnähe, getreu dem alten Grundsatz der antiken Rhetorik, dass variatio delectat. Und so findet sich dann auf diesem besagt kurzen Weg die eine oder andere entzückende Überraschung. Wer zum Beispiel schon länger mit dem Gedanken umgeht, sich endlich eine Uni oder wenigstens eine FH zu kaufen, hätte hier Gelegenheit dazu!



Und sollte gar jemand einen Hang dazu haben, seinen Ficus oder seine Usambaraveilchen hin und wieder auf einen Kaffee auszuführen, findet er hier nahezu ideale, ich vermute sogar einzigartige Bedingungen für diese Art der gemeinsamen Freizeitgestaltung vor.



A propos Freizeit: Den Abschluss soll, und damit finden wir den Weg zurück zum Beginn des heutigen Berichts sowie auch zurück ins Bahnhofsinnere, heute mal wieder ein Rätsel machen:

Wie klingt es wohl, wenn einer im besoffenen Kopp versucht, das Wort »Urlaubsfahrkarte« auszusprechen?

Wahrscheinlich doch ungefähr so:



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(*) Was übrigens dem Würzburger seine Optiker und dem Erfurter seine Bäckereigeschäfte, das sind dem Leipziger in der Straße, die gegenüber dem Bahnhof in die Innenstadt führt, auf den ersten Metern der Nikolaistraße also, seine butzenhaften Mobilfunkläden.



















Auffällig ist dabei im Zuge weiterer Betrachtung der eklatante Mangel an Optikern! Im hier beschriebenen Areal in Leipzig ist deren nicht ein einziger zu finden. Ein Umstand jedoch, der durch eine deutlich erhöhte Präsenz von Fiseursalons in diesem Abschnitt dieser Straße mehr als wett gemacht wird.













Soll also nochmal jemand sagen, die modernen Innenstädte sähen alle gleich aus! Aufs Ganze gesehen stimmt das zwar, aber zumindest um die Bahnhöfe rum legt die jeweilige Stadt- bzw. Wirtschaftsplanung eben augenscheinlich doch Wert auf ein gewisses Maß an Unverwechselbarkeit.

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