Sonntag, 16. Dezember 2012

Bildungspolitik

So stehts zur Zeit in den Gazetten zu lesen:

»Es bereitet mir Sorge, dass bereits am Ende der Grundschule jeder sechste Schüler nicht ausreichend lesen und jeder fünfte nicht ausreichend rechnen kann«, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Hans-Heinrich Driftmann, dem »Handelsblatt«.

Nee, ist klar, »bereits am Ende der Grundschule« ist das natürlich viel zu früh! Eigentlich war mit »Bologna« nämlich geplant, dass die Leute erst nach dem »Bachelor« nicht mehr lesen und rechnen können. Wieder eine Reform vergeigt ... Aber das hatten ja viele vorhergesehen.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Weihnachtsmarkt

Göttingen ist laut der stadtmarketingbedingten Schilderbeschriftung am Bahnhof (und gelegentlich anderwärts) die »Stadt, die Wissen schafft«. In diesen Genuss kommen aber offenbar nur gewisse privilegierte Kreise. Für den normalen (aber klar, was ist schon »normal«?) Stadtbewohner gilt das allem Anschein nach nur beschränkt; nämlich in voller Gänze schon mal nicht für z.B. Großmütter, die mit ihren ca. zehn Jahre alten Enkeln mal bummeln gehn, wenn es auf und rund um den Marktplatz wieder adventlich wird.

Beispiel gefällig? Kommt!

Oma mit Enkel steht vor einem Stand, wo es laut Preisschild u.a. »Calzone (Pizzatasche)« gibt. In den Varianten »mit Schinken«, »mit Salami«, »mit Thunfisch«.

Enkel möchte so eine »Calzone«. Es entwickelt sich ein entsprechendes Verkaufs- und Beratungsgespräch.

Verkäuferin: »Mit Schinken? Salami? Thunfisch?«

Enkel: »Tjaaa ... hmm ...«

Oma: »Nimm doch lieber die Pizzatasche!«

Verkäuferin: »Aber 'Calzone' ist doch ...«

Enkel: »Hmm ... Nee ...«

Oma: »Ja, klar, nimm doch Pizzatasche!«

Enkel: »Ich möcht aba lieba Calzohnöö ...!«

Verkäuferin: »Mit Schinken? Mit Salami, mit Thunfisch ...?«

Oma: »Nein, wir wollen jetzt die Pizzatasche!«

Enkel: »Hmm ... Nee ...«

Verkäuferin: »Also: 'Calzone' ist doch 'Pizzatasche', und wir haben das mit ...«

Oma: »Also doch Pizzatasche! Nimm das doch! Das ist einfacher!«

Enkel: »Ich will aber CarltSORRneeä ...«

Verkäuferin (tief atmend): »... und die haben wir mit Schinken, Salam- ...«

Oma: »Sie verstehen uns nicht, wir wollen die Pizzatasche ...«

Verkäuferin (in halbwegs resigniertem Tonfall): » ... mit Schinngknng ... mit Salaahrmi ... mit Thuuunf- ...«

Oma: »Nein: Pitszatásche!«

Enkel: »Ich will aber CARL TZSONEÄääää!"«

Verkäuferin: »Mit Schingng- ...«

Oma: »Nein, wir nehmen jetzt die Pizzatasche!«

Verkäuferin (nahezu tonlos): »Mitschingngmitsalamimitthun- ...«

Oma: »Neinneinnein, die Piz-za-ta-schee ...!«

Selten war ich so froh, meinen Bus kommen zu sehen. -- Obwohl, wär vielleicht doch noch spannend geworden zu sehen, wie und worauf die drei sich geeinigt haben? Nuja, vorbei.

Doch nicht nur Besucher der inzwischen weltweit derart berühmten »deutschen Weihnachtsmärkte«, dass es sie sogar im Ausland (in Edinburgh war ich mal auf dem »German Christmas Market«, und im Vertrauen: der Glühwein dort schmeckte tatsächlich so, wie es die Verenglischung dieses Getränks vermuten lässt: »glue whine«*, also quasi echt wie auch auf einem deutschen Weihnachtsmarkt in Deutschland) gibt, mit echten deutschen Beschickern, tun sich gelegentlich entsprechend hervor: Auch die »Marktbeschicker« und Schausteller sind sich in Sachen Bildung ihrer eigenen Tätigkeit manchmal nicht bewusst. Bis vor nicht allzu vielen Jahren wurde die auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt anzutreffende exotische Genusswelt denn auch um, z.B., dies bereichert:

Stimmt das mit dem Wissen Schaffen also vielleicht doch? An diesem Stand werden mittlerweile, man hat also dazugelernt (und liegt das nun an Göttingen? Auch wieder so ne Frage), die damit gemeinten Teigfladen nämlich wenigstens als »Crèpes« angeboten. Das ist zwar immer noch falsch, schmerzt aber nicht ganz so.

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* glue = Kleister, Klebstoff // whine = jammern, Gejammer