Freitag, 19. Februar 2010

Würzburg

Neulich verschlug mich die Erwerbstätigkeit mal wieder vertretungshalber ein paar Tage auf die Strecke nach Würz- und Regensburg. Schon am ersten solchen Tag zeigte sich jedoch die Bahn damit überfordert und ließ mich in Würzburg stranden.

Was macht man, wenn man plötzlich und unerwartet vier Stunden Aufenthalt in Würzburg hat? Genau, man schaut sich das mal an da.

Also raus aus dem Bahnhof, und als erstes blickt man auf die Straßenbahn.



Soso, mhm, aha, ja, was es hier alles gibt! Hinter dem Straßenbahnknotenpunkt gehts aber direkt weiter durch eine Straße, die in das führt, was man dem Besucher hier als Ersatz für eine belebte Fußgängerzone bereithält.

Ich hab mir nicht gemerkt, wie die heißt, "Straße der Optiker" wäre aber allemal treffend, denn es reiht sich hier ein solcher an den nächsten. Und wie die sich alle gegenseitig in der Buhlschaft um die Gunst des Kunden auszustechen versuchen, es ist wieder mal eine reine Werbepracht. Allein dies hier:



Und das stimmt natürlich auch wirklich, diese Verheißung lässt sich mittels eines Blicks durch das Schaufenster mühelos verifizieren: Da hängt in diesem Laden tatsächlich nicht nur eine, sondern gradezu Hunderte Brillen an den Wänden. Ob diese Lockung aber als Alleinstellungsmerkmal ausreicht, darf bezweifelt werden, denn die Konkurrenz hält jeweils auch mehrere Brillengestelle feil.

A propos "ein" aber: Direkt nebenan scheint sich ein Kollege insbesondere an sparsame Monokelträger wenden zu wollen, denen er dann bei geschickter Nutzung des Sonderangebots nur das bisschen Fassung berechnen würde, das man dann noch braucht. Bleibt aber doch die Frage, ob man davon leben kann, diese Zielgruppe ist ja heutzutage eher etwas begrenzt.



Der wird sich das aber wohl gut überlegt haben.

In so einem, wahrscheinlich ziemlich zermürbenden, Konkurrenzkampf kann wohl jedenfalls nur reüssieren, wer sich beizeiten spezalisiert oder sich was besonderes hat einfallen lassen. Er hier zum Beispiel:



Die berühmten Hornbrillen waren ja schon im 19. Jahrhundert ein Renner, gell? Ein offenbar bis heute tragfähiges Geschäftsmodell und man hat, wie es scheint, daran gedacht, das entsprechende Patent immer wieder zu erneuern.

Dies möge als kleiner Eindruck von den diesbezüglichen Verhältnissen mal reichen. Bei der Fülle an Optikern wundert es aber andererseits nicht, dass einige den ewigen Konkurrenzkampf unter Gläserschmieden für sich beendet haben und lieber andere Geschäftsfelder belegen, ohne dabei jedoch die berufliche Herkunft zu verleugnen.



Wohingegen er hier die Branche doch noch deutlicher gewechselt hat als Kamerad Hörrohr:



Wird er diesen drastischen Schritt inzwischen bereuen? Und sich vielleicht mittlerweile gedacht haben: "WÄR ich man damals mit Carl nach Jena gegangen, dann müsste ich jetzt nicht zerkleinerte Leichenteile in die Därme der je betroffenen getöteten Tiere füllen ..."? -- Man weiß es nicht, vielleicht ist er ja auch ganz glücklich mit seiner Wahl. Ich mochte nicht in ihn dringen und hab also nicht gefragt.

Im nachhinein bedaure ich es jedoch ein wenig, nicht in den Laden gegangen zu sein, denn schon als ich das sah, fiel mir jene alte Menschheitsfrage wieder ein: Wie nennt man das, was Schlachter tut? Schlachten, logisch. Aber wie nennt man dann das, was ein Metzger tut?

Seis drum, gehen wir ein Stück weiter, dann stellen wir fest, dass dem Würzburger offenbar viel daran gelegen ist zu demonstrieren, dass es bei den Geschäften in ungefährer Bahnhofsnähe alles mit rechten Dingen zugeht und man als Besucher nicht etwa Gefahr laufen muss, in falschen Geschäften sein Wesen treiben zu sollen.



Ein Bemühen, das allerdings gelegentlich gar allzu krampfhaft zu werden scheint, so dass etwa dem eher den naturwissenschaftlichen Dingen zugeneigten Geschäftsmann schon mal die Grammatik entgleist.



Doch man soll über fremder Leuts Andersbegabungen ja keine Witze machen.

Gewarnt sei allerdings ausdrücklich vor Würzburger Schuhverkäufern! Spätestens seit Al Bundy weiß der Fernsehzuschauer zwar ohnehin, dass mit dieser Kaste nicht besonders gut Kirschen essen ist. Aber selbst Al Bundy hat, wenn mich nicht alles täuscht (so genau hab ich die Serie damals nicht verfolgt), seinen Kunden immer irgendeine reelle Chance gelassen. Nicht so der Schuhdiscounter in Würzburg! Bei ihm wird dem Kunden auch noch die letzte halbiert! – Aber lassen wir ihn selbst sprechen:



Daher flüchten wir also zurück zum Bahnhof, nicht ohne allerdings auf dem Weg dorthin an einem Brötchenhöker vorbeizukommen, der einem auf dem ersten Weg nicht direkt aufgefallen ist, obwohl er das durchaus hätte können, wenn nicht gar müssen.



Und ja, Kaffee gibts da auch. Aber in dieser Stadt wundert einen selbst das nicht mehr so recht.

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