Dienstag, 31. August 2010

Ja, der Michael ...

Nee aber auch, ne? Es gibt so Tage, da liebe ich meinen Brotberuf gradezu. Grad heute ist zwar keiner davon, denn seit letzter Woche bin ich mal wieder erkältet oder so was. Echt: »Infektionen« sammel ich in den letzten anderthalb Jahren in einer Schlagzahl wie sonst nur Kindergartenkinder oder Grundschüler! Wodurch ich aber heute dann doch Zeit und Muße habe, wieder ein paar Sätzlein nachzutragen, denn ich hatte heute ein Einsehen und hab den Doc besucht. Der gar nicht viel einsehen musste, sondern den Block mit den gelben Zetteln quasi schon in der Hand hatte, bevor ich was sagen – besser: krächzen konnte.

Aber das wollte ich ja gar nicht erzählen. Was ich erzählen wollte: An manchen Tagen ist dieser Brotberuf doch mal zu was gut.

Der letzte Donnerstag war so einer, ich war schon auf der Rückfahrt, diesmal wieder mal von Regensburg, und der Zug ab Würzburg, wo ich ja umsteigen muss, war heillos überfüllt. Nur im Speisewagen war noch etwas Platz, also dacht ich: ach, scheiß drauf, gönn ich mir halt auch mal ein überteuertes Bier im Zug (und auch noch »Beck's«! Buäh! OK, immerhin gezapft, aber dennoch) und setz mich ins Nobelviertel.

Kurz hinter Fulda kommt ein älterer Herr aus der 1. Klasse angestakst, steuert auf mich zu und fragt, ob der Platz mir gegenüber noch frei sei. (Der sah nämlich grade leer aus, ne?)

»Nein, leider nicht, die Dame ist nur kurz zum Klo ... Aber mein linker-linker Platz ist leer, wenn Sie damit Vorlieb nehmen wollen, ...?« (»HERR BALLHAUS ...?« hab ich mir dabei dazugedacht, aber erstmal nicht ausgesprochen, sonst fühlt er sich vielleicht ja abgeschreckt oder so was, ich kannte ihn ja vorher nicht persönlich ... Aber sofort erkannt hab ich ihn natürlich.)

Denn er wars ja wirklich, MICHAEL BALLHAUS; die wahrscheinlich einzige lebende oder jedenfalls auf freier Wildbahn erkennbare Legende unter den Kameraleuten der Welt.

Sitzt da so also einfach auf freier Wildbahn im Zug und setzt sich dann einfachso neben mich, um einen überteuerten Salat zu bestellen und zu verzehren und sich nebenbei mit mir zu unterhalten.

Denn das sei auch mal festgehalten: Das Gespräch hat er angefangen! Erstmal nur Konversation machend und darüber, wie außergewöhnlich voll dieser Zug doch sei, was mag wohl los sein ...? – Weisiaunich, aber sagen Sie mal, Sie sind doch Michael Ballhaus, ne?

Er lacht kurz auf: Ja, stimmt!

Und so ergab sich zwischen ungefähr Fulda und Göttingen ein wunderbares Gespräch zwischen uns beiden, in dessen Verlauf Herr Ballhaus mich erstens irgendwann fragte, wohl ob meiner gewisse Kundigkeit vortäuschenden Faselei, »ach, Sie sind vom Fach?!«, was ich, wohl errötend, beantwortete mit: »ach, najaa, vom Fach nu nicht grade, vielleicht, oder so ...« Woraufhin das Gespräch nochmal andere, quasi noch fachsimpelndere Dimensionen annahm. Die nach längerem weiteren Reden für mich dann ganz persönlich in folgendem Satz von MICHAEL BALLHAUS gipfelten: »Schreiben Sie doch mal ein Drehbuch, Sie erleben doch viele Dinge, die sich sicher gut erzählen lassen ...?«

Das muss kurz vor Göttingen gewesen sein, denn von da an erinnere ich mich nicht mehr an viel.

Nur noch daran, dass ich nach dem Aussteigen auf dem Weg vom Bahnsteig zum Bus dachte: »Mensch, wie blöd bist du eigentlich inzwischen, dass du nicht wenigstens bis Hannover noch sitzen geblieben bist, um dieses Gespräch – ich mein: mit Michael Ballhaus?! und so völlig privat und exklusiv und alles?! – wenigstens noch diese halbe Stunde fortzuführen ...?!« (Denn der Herr Ballhaus wollte ja nach Hamburg, da kommt man an Hannover vorbei und von da leicht wieder zurück nach Göttingen, und scheiß doch auf die Stunde oder so Verzug im brotberufgebenden Labor, das haben die öfter, weil die Bahn ja oft genug nicht recht zuverlässig ist ...)

Nicht geschaltet, »Pflichtbewusstsein«, Dummheit, Verdummtheit, was weiß ich, was da nu wieder dran schuld sein mag, dass ich brav ausgestiegen bin, statt ... – Aber immerhin: die knappe Stunde mit Michael Ballhaus hatte ich dann doch!

Und in zwei Monaten sind wieder die Hofer Filmtage, da freu ich mich jetzt erst recht und doppelt soviel drauf wie sonst eh schon immer!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen