Samstag, 18. Februar 2012

Hörspielregie

Hörbücher sind ja inzwischen sowas von »in«, da ist quasi grad das Ende von wech.

Dabei ist diese Idee gar nicht mal so neu, wir kennen wohl sicher alle noch unsere Hörspielplatten oder –cassetten z.B. von der Firma »Europa«, mit denen wir uns Literaturklassiker wie Enid Blyton oder Karl May einverleibten, wenn wir grad keine Lust zum Selber- oder irgendwelche Zubettbringer keine Lust zum Vorlesen hatten.

Möglicherweise kennen wir die sogar noch immer so auswendig wie damals (zumindest wenn wir uns anstrengen), als wir sie nach dem dritten oder vierten Hören synchron mitsprechen konnten, und haben zudem die wunderbar sonore Stimme von Hans Paetsch, der dabei irgendwie immer den »Erzähler« gab, ob nu bei »Hui Buh«, »Winnetou« oder »Hanni und Nanni« oder weißichwas, je nach Geschmack und Neigung halt, noch gut im Ohr ...

»Manche Leute sagen, es gibt Gespenster. Manche Leute sagen, es gibt keine Gespenster. Ich aber sage: Hui Buh ist ein Gespenst ...« Ewig schöne Zeile!

Grade wenn von Hans Paetsch gesprochen. Und damit sagt dieser »Ich« doch aber, dass es Gespenster gibt, zumindest dieses eine. Oder? Gibt sich aber dennoch den Anschein (»ich aber«), den zwei andern Vorstellungen eine dritte hinzustellen zu wollen ... Die doch aber gar nicht wirklich anders war? Oder doch? Warum sagt er das sonst, und warum grad so und mit dieser wunderbaren Stimme? -- Eine Welt voller großer Geheimnisse, die Literatur, einerseits sowieso schon, zweitens erst recht, wenn sie von solchen Leuten vorgelesen wird.

Hachjaa ...

Ich meinerseits hab damals meine – wie man das seinerzeit im Plattenladen in Ostfriesland führte – Märchenplatten ja geliebt wie nur was, und so unterschiedlich sie thematisch evtl. gewesen sein mögen, die allgegenwärtige Stimme von Hans Paetsch hat immer irgendwelche Vertrautheit suggeriert und Brücken geschlagen, die in ihrer Bildungswirksamkeit sicherlich nicht hoch genug zu schätzen sind.

Wobei die eigentlichen Hörspiele allerdings oft genug ziemlicher Schrott waren, der mich schon als Kind (?) immer mal wieder genervt hat. Nämlich, nee echt jetzt, lasst Schauspieler mal was auf eine Märchenplatte sprechen, da kommt mit Sichérheit einé falsché Bétongung bei raus. Jedènfalls keiné, die sich annähérnd wie gesprochéne Spraché anhört. Sondern eben immer wie »vorgelesen«. Da machste nix gegen, auch als Topschauspieler mit der besten Sprechausbildung nicht.

Jedenfalls zusätzlich nicht, wenn der »Regisseur« so einer Veranstaltung kein Sprach- und Textgefühl hat und den Vorlesérn falsché Vorgabén aufgíbt, z.B. weil er falsche Akzente für dramaturgisch grad wichtig hält, des Effekts wegen. Oder weil er eben sonstwie zu blöd ist und keine Ahnung von Sprache hat. Und das, soll heißen: solche Regisseure gibts ja viele hinter der Studioscheibe.

Só einen »Régisseur« für konsérvierté Textprodúktion vom Band hat übrigens neulich wohl auch die Bahn unter Vertrag genommen, um die automatisierten »Hinweise« herzustellen, die auf jedem Bahnhof gleich klingen und je eigene Sprecher per Knopfdruck einsparen sollen:

»Hinweis: Das Rauchen im Bahnhof ist nur in den gekénnzeichneten Raucherbereichen gestattet!«

Und in den úngekennzeichneten Raucherbereichen demnach also nicht, nein? – Mirrochegal, Raucherbereich ist schließlich Raucherbereich, da steht mir Semantik höher als Hausordnung, und also werde ich auf die tote Bandansage pfeifen und auch weiterhin in den dann halt nicht gekennzeichneten Raucherbereichen am Bahnsteig mir meine Wartezigarette anmachen. Ätsch!

Denn schließlich (die Bahn beschäftigt nämlich nicht nur schlechte Hörspielregisseure, sondern offenbar auch möglichst billige Texter) steig ich ja auch nicht jedes Mal aus dem Zug aus, nur weil mich irgendein »Zugchef« in offenbar ebenfalls standardisiertem Argot, den er über die zuginterne Ansagetechnik vorlesen muss, rauswerfen will: »Wir erreichen in wenigen Minuten den Bahnhof Wasweißichdennwo. Wir verabschieden uns von Ihnen und wünschen noch einen schönen Tag. Vielen Dank für Ihre Reise mit der Deutschen Bahn, aauuuufff Wiedersehn! Ausstieg in Fahrtrichtung links ...«

Nee, Kerle, da bleib ich trotzdem in meinem ICE sitzen, bis ich dann aussteige, wo es mir passt!

Doch, stimmt schon: Manchmal kann ich ganz schön trotzig sein!

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